Religion - das kleine Fach der großen Fragen
Die großen existenziellen Fragen verändern sich im Laufe eines Schülerlebens.
So stehen am Anfang der fünften Klasse Fragen wie „Wie komme ich an der neuen Schule klar? Werde ich den Anforderungen gerecht? Fühle ich mich in der Klassengemeinschaft aufgehoben und wertgeschätzt? In der zehnten Klasse geht es dann beispielsweise beim Thema „Tod“ darum, sich der Endlichkeit unseres Daseins bewusst zu werden und über den heutigen Tag und unser Leben hinauszudenken, sich also selbst zu transzendieren. Und wenn wir in der Oberstufe z.B. nach dem Sinn des Lebens fragen, dann wird deutlich, dass Leben mehr ist als nur zu existieren.
Wer aber herausfinden möchte, wohin er will, muss wissen, woher er kommt. Wir diskutieren nicht im luftleeren Raum. Deswegen steht im Religionsunterricht auch die Vermittlung von Wissen über und um die Konfrontation mit den geistig-religiösen Grundlagen unserer Kultur im Vordergrund. Ob es schlicht um die Ursprünge unserer christlichen Feiertage oder um das gesellschaftskritische Erbe der prophetischen Tradition des Alten Testaments, ob es um Leben und Botschaft der Person Jesus Christus geht oder um die grundlegenden Fragen nach Gott oder dem Menschen in den fünf Weltreligionen, in Theologie und Philosophie. Immer handelt es sich um ethische und weltanschauliche Orientierung und um die Förderung der Kritikfähigkeit in einer pluralen, offenen Gesellschaft, in der religiöse Symbole zunehmend medial verfremdet und verflacht werden. Und weil wir uns dabei durchweg mit grundlegenden theologischen und philosophischen Entwürfen beschäftigen, vermittelt der Religionsunterricht nicht nur Wissen über die insbesondere jüdisch-christlichen Grundlagen unserer Kultur, sondern leistet auch einen Beitrag zur Entwicklung hermeneutischer Kompetenz und Dialogfähigkeit.
Aus dem Gesagten wird deutlich, dass wir uns als Religionslehrer ausdrücklich nicht nur als Wissensvermittler verstehen, sondern auch als Begleiter und Ansprechpartner von jungen Menschen, die auf der Suche nach ihrem eigenen Weg sind. Zu dieser Begleitung gehören auch die Schulgottesdienste, die das Schuljahr strukturieren helfen. Hier ist Raum, zur Ruhe zu kommen, an sich vorbeiziehen zu lassen, was war, und sich ermutigen zu lassen für das, was kommt. Hier bleibt das Lernen und Geprüftwerden außen vor, aber die Angst vor dem Scheitern und die Freude über den Erfolg dürfen dabei sein. So versuchen wir als Religionslehrer, in ökumenischer Zusammenarbeit der beiden christlichen Konfessionen, unseren Beitrag zur Entwicklung und zu einem gelingenden Miteinander unterschiedlichster Individuen zu leisten.
Diese drei Bereiche und ihren Zusammenhang kann man in folgender Grafik veranschaulichen: